Automatische Erfassung von Stress-Indikatoren bei Labortieren anhand von Videoaufnahmen
Motivation
Viele Arten von Tierversuchen müssen bezüglich des Schweregrads beurteilt werden, bei dem die Belastung der Tiere durch das Experiment in verschiedene Stufen eingeteilt wird. Diese Feststellung der Belastung von Versuchstieren bei Experimenten (Severity Assessment) ist ein wesentlicher Aspekt bei Tierversuchen. Um hierfür neue, evidenzbasierte Methoden zu entwickeln, zu validieren und umzusetzen ist die DFG-Forschergruppe FOR 2591 gegründet worden. Im Rahmen dieser Gruppe nimmt der LfB Aufgaben in der bild- und videobasierten Analyse der Daten wahr.
Wissenschaftliche Fragestellungen
Das Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung und Validierung von Markern für die Belastung der Tiere. Neben einer Vielzahl an klinischen Markern (Laborwerte, Vitalparameter) kommt hierbei der visuellen Befundung eine immer bedeutendere Rolle zu. Ein Beispiel hierfür ist das Mouse Grimace Scale (MGS) – Verfahren, bei dem die Veränderung der Gesichtszüge von Mäusen einen Rückschluss auf deren Belastung erlaubt. Die visuelle Befundung hat wesentliche Vorteile, unter anderem ist sie mit einfacher Ausbildung im Alltag durchführbar, erfordert keine speziellen Messgeräte und ist nichtinvasiv. Diesen Vorteilen steht der hohe zeitliche Aufwand für die Erhebung und Befundung gegenüber. Außerdem sind visuelle Befunde teilweise abhängig von der beurteilenden Person und damit subjektiv. Um diese Probleme zu eliminieren, entwickelt der LfB im Rahmen des Vorhabens eine automatische Methode zur Bestimmung des MGS. Neuronale Netze zur Detektion der Tiere, zur Analyse des Verhaltens und zur MGS-Bestimmung werden entwickelt und mit durch Experten beurteilten Bildern trainiert. Ziel ist die vollautomatische MGS-Einstufung ohne wesentliche menschliche Mithilfe.
Als weiterer Schwerpunkt wird die videobasierte Verhaltensanalyse im Home Cage erforscht. Der Home Cage ist der Käfig, den die Tiere während der Versuche bewohnen. Hier kann das Verhalten ohne Störungen durch Menschen oder Experimente beobachtet werden. Zu diesem Zweck wird innerhalb der Forschergruppe ein spezieller Käfigaufsatz entwickelt, der mit einer Vielzahl von Kameras im sichtbaren, nah-infraroten und thermalen Spektralbereich ausgerüstet ist. Mit diesem System sollen die Tiere detektiert und getrackt werden, das Sozialverhalten untersucht werden sowie diverse Vitalparameter wie Herz- und Atemfrequenz untersucht werden. Der LfB übernimmt hierbei die Aufgaben Detektion, Identifikation, Tracking, soziale Analyse sowie MGS-Scoring in den Käfigen. Auch hierbei kommen in der methodischen Entwicklung aktuelle Entwicklungen des Maschinellen Lernens zum Einsatz, um die komplexen Daten zuverlässig analysieren zu können.
Kooperationspartner
- Prof. Dr. André Bleich, Institut für Versuchstierkunde, Medizinische Hochschule Hannover
- Prof. Dr. René H. Tolba, Institut für Versuchstierkunde, Universitätsklinikum Aachen
- Prof. Dr. Brigitte Vollmar, Rudolf-Zenker-Institut für Experimentelle Chirurgie, Universität Rostock
- Prof. Dr. Kerstin Schwabe, Klinik für Neurochirurgie, Medizinische Hochschule Hannover
- Dr.-Ing. Carina Barbosa Pereira, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Aachen
- Prof. Dr. Michael Czaplik, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Aachen
- Dr. Christine Häger, Institut für Versuchstierkunde, Medizinische Hochschule Hannover
- Prof. Dr. Fabian Kiessling, Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung, Universitätsklinikum Aachen
- Prof. Dr. Felix Mottaghy, Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Aachen
- Prof. Dr. Marion Bankstahl, Institut für Versuchstierkunde, Medizinische Hochschule Hannover
- Dr. Paulin Jirkof, Abteilung Tierwohl und 3R, Universität Zürich
- Prof. Dr. Peter Gass, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI), Mannheim
- Prof. Dr. Lars Lewejohann, Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde, Freie Universität Berlin
- Prof. Dr. Ute Lindauer, Klinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Aachen
- Prof. Dr. Heidrun Potschka, Tierärztliche Fakultät: Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie, Ludwig-Maximilians-Universität München
- Prof. Dr. Thomas Thum, Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM, Hannover
Drittmittel
- DFG Forschungsgruppe FOR 2591, “Severity assessment in animal-based research”, Projektnr. 321137804
- DFG Sachbeihilfe, “Automatische Erfassung von Stress-Indikatoren bei Labor-Mäusen anhand von Videoaufnahmen”; Projektnr. 408132301
Kontakt
Veröffentlichungen
Post-operative severity assessment in sheep
Semi-automated generation of pictures for the Mouse Grimace Scale: A multi-laboratory analysis (Part 2)
In: Laboratory animals