PET/MRT Systementwicklung
Motivation
Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist eine hochsensitive medizinische Bildgebungsmodalität mit breiter Anwendung, z.B. in der Onkologie zur Tumordiagnose. PET basiert auf funktionalen Tracern, die dem Patienten injiziert werden und sich nach einer gewissen Zeit an ihren spezifischen Zielstrukturen im Körper anreichern. Beim radioaktiven Zerfall der Tracer emittieren sie Positronen, die mit Elektronen annihilieren. Dabei entstehen zwei entgegengesetzt ausgerichtete, hochenergetische Gamma-Photonen, die den Körper verlassen und von einem umliegenden Ring von Detektoren registriert werden.
Die Detektoren bestehen aus passiven und aktiven Komponenten. Szintillationskristalle stoppen die Gamma-Photonen und wandeln sie in mehrere tausend, meist bläuliche, optische Photonen um. Diese werden von optischen Sensoren erfasst, digitalisiert und verarbeitet. Anschließend berechnet die Systemsoftware aus den Rohdaten durch Kalibration und spezielle Algorithmen den Zeitpunkt der Gamma-Interaktion, die deponierte Energie und den Ort der Wechselwirkung.
Zwei korrespondierende, detektierte Ereignisse ergeben eine sogenannte Line-of-Response (LOR). Rund 100 Millionen solcher LORs werden zur Rekonstruktion der Tracer Verteilung im Körper verwendet, wodurch die funktionalen Prozesse sichtbar gemacht werden. Durch die präzise Bestimmung des zeitlichen Unterschieds im Eintreffen der beiden Gamma-Photonen (Time-of-Flight) kann der Ursprungsort entlang der LOR noch genauer lokalisiert werden. Diese zusätzliche Information trägt maßgeblich zur Verbesserung der Bildqualität bei.
Für diagnostische Zwecke wird PET oft mit anatomischer Bildgebung wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) kombiniert. Die MRT bietet dabei den Vorteil eines höheren Weichteilkontrasts und einer strahlungsfreien Untersuchung, was sie besonders attraktiv macht. Aus diesem Grund haben Medizintechnikunternehmen wie Siemens, GE und Philips PET/MRT-Systeme entwickelt, die den gesamten Körper abbilden und sich besonders für onkologische Fragestellungen eignen.
Unsere Forschungsgruppe verfügt über langjährige Erfahrung im Aufbau MRT-kompatibler PET-Forschungssysteme. Diese Systeme ermöglichen es, spezifische Fragestellungen weitaus präziser zu beantworten, als es mit kommerziellen Geräten möglich ist. Dabei arbeiten wir eng mit einer Vielzahl industrieller und akademischer Partner sowie Anwendern zusammen, um innovative Lösungen für aktuelle wissenschaftliche und klinische Herausforderungen zu entwickeln.
Die Ausgründung Hyperion Hybrid Imaging Systems GmbH [1] ist Partner mehrerer Forschungsprojekte und treibt darüber hinaus den Einsatz der MRT-kompatiblen PET-Plattform voran.
Forschungsthemen
Unsere Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten umfassen die gesamte Bildgebungskette: vom Tracer-Zerfall über die Detektion der Gamma-Photonen, die analoge und digitale Signalverarbeitung, die Datenerfassung und -verarbeitung mit Hochleistungsrechenkonzepten bis hin zur Bildrekonstruktion. Dabei bearbeiten wir vielfältige physikalische Fragestellungen, einschließlich der Simulation, Entwicklung und Charakterisierung von Systemen und Detektoren. Beispiele finalisierter Systeme sind der HYPMED PET/MRT Brustscanner (s. Abbildung 1), der Split-Gradient PET/MRT Scanner (s. Abbildung 2) und das Neuro PET/MRT Insert (s. Abbildung 3).
Abbildung 1: Im Rahmen des EU-Projekts HYPMED [2] wurde ein PET-Insert für ein 1,5-T-MRT entwickelt, das die gleichzeitige Bildgebung beider Brüste mit MRT und PET ermöglicht. Der HYPMED Hybridscanner soll hochauflösende Bilder zur verbesserten Brustkrebsdiagnose und Früherkennung liefern.
Darüber hinaus liegt ein Schwerpunkt auf der Entwicklung und Optimierung von Elektronik und Firmware sowie auf der Gestaltung innovativer Softwarelösungen. Hierbei kommen modernste Methoden des maschinellen Lernens und der Hochleistungsverarbeitung zum Einsatz, um die Qualität und Effizienz der Bildgebung weiter zu verbessern. Beispielsweise wird Gradient Tree Boosting (GTB) im HYPMED Scanner verwendet, um aus den ausgelesenen 2D Lichtverteilungen der optischen Photonen eine 3D Gamma-Interaktionsposition präzise hervorzusagen. Der Einfluss der Algorithmen kann individuell pro Detektor oder auf PET-Bildbasis evaluiert werden. Unsere Plattform erlaubt zusätzlich die Implementierung verschiedener Algorithmen aus Bibliotheken wie PyTorch und xgboost.
Abbildung 2: In Kooperation mit Hyperion Hybrid Imaging Systems GmbH, Philips HealthCare, Futura Composites und dem UMC Utrecht wurde ein 1,5-T-MRT so modifiziert, dass im Spalt eines geteilten Gradienten PET-Detektoren integriert wurden. Dadurch steht der volle Innendurchmesser des MRTs für die simultane Bildgebung zur Verfügung.
Abbildung 3: In Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich, Siemens Healthineers, Monash University, Inviscan und Affinity Imaging wurde ein Neuro-Insert für ein 7 T MRT aufgebaut [4]. Mit einem axialen Gesichtsfeld von 25 cm und einer Bildauflösung von etwa 1.5 mm, gehört das System zu den leistungsfähigsten der Welt
Für unsere Arbeit steht uns eine klinische 1.5-Tesla-MRT-Anlage im exklusiven Zugriff zur Verfügung. Diese nutzen wir sowohl für die MRT-Forschung als auch zur detaillierten Untersuchung der Interferenzen zwischen PET-Komponenten und der MRT-Bildaufnahme.Im Rahmen des laufenden, vom BMBF geförderten Projekts HD-MetaPET [5] entwickeln wir ein PET-Insert, das simultane PET/MRT-Aufnahmen ermöglicht. Ziel ist es, die Vorteile beider Modalitäten zu kombinieren, um neue diagnostische Möglichkeiten zu erschließen. Teil der Systementwicklung sind Simulationsarbeiten mit Frameworks wie Geant4 und GATE, z. B zur Optimierung der Platzierung der einzelnen PET-Detektoren im System für größtmögliche Performance unter der Randbedingung der MRT Interferenz. Weiterhin werden neue Kalibrationsverfahren entwickelt für den Einsatz von Techniken des maschinellen Lernens auf auf Systemebene. Dazu zählt die Gamma-Interaktionspositionierung (Y. Kuhl, 2024), sowie die Zeitkalibrierung (S. Naunheim, 2023).
Ein weiteres BMBF-gefördertes Projekt, S-PET, widmet sich der Entwicklung eines neuartigen PET-Detektors. Dieser Detektor ist speziell auf die Anforderungen der neurologischen Bildgebung ausgerichtet und soll die Forschung und Diagnose im Bereich Alzheimer unterstützen. Zentraler Bestandteil ist die Entwicklung von Kompressionschemata, die die Vielzahl an optischen Sensoren reduziert, optimiert auf die Detektor Performance Parameter der Zeit-, Energie- und Positionierungsauflösung.
Offene Stellen
Im Rahmen der Projekte HD-MetaPET und S-PET sind PhD Stellen zu besetzen.
Abschlussarbeiten
Wir bieten verschiedenste Abschlussarbeiten entlang der gesamten PET-Bildentstehungskette an. Dies können in Richtung Elektronik- und Firmwareentwicklung, Labor- und Charakterisierungsarbeiten oder mit Schwerpunkt Softwareentwicklung, Datenanalyse und Algorithmen Entwicklung auf das Kandidatenprofil zugeschnitten werden.
Alle aktuelle Themen sind hier zu finden.
Various Topics in Positron-Emission-Tomography: From Scanner Calibration To Image Reconstruction Ansprechpartner: Julian Thull
Mehr Informationen zum Forschungsprojekt
PET Detector Timing Calibration Ansprechpartner: David Schug
Mehr Informationen zum Forschungsprojekt
Automatic test equipment for PET detector electronics Ansprechpartner: Björn Weissler
Mehr Informationen zum Forschungsprojekt
Referenzen
[1] https://hyperion-his.com/
[2] https://www.cbmb.ukaachen.de/hypmed-brustkrebs-forschungsprojekt/
[3] https://www.umcutrecht.nl/nieuws/deel-mri-pet-geinstalleerd-the-next-step?lang=en
[4] https://www.fz-juelich.de/de/inm/inm-4/forschungsgruppen/pet/technische-aspekte-der-mr-pet/brainpet-7t
[5] https://www.exmi.rwth-aachen.de/cms/exmi/forschung/forschungsprojekte/~baxolf/hd-metapet/